Kaum vorstellbar, dass Worte wie ‚Inzidenz‘ noch vor wenigen Monaten völlig unbekannt waren. Ähnlich unbekannt war die Notwendigkeit, sich über hybride Veranstaltungen Gedanken zu machen. Hybrid bedeutet, dass ein Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz normal am Ort des Geschehens ist, aber ein weiterer (teilweise der größere) Teil digital zugeschaltet ist.
Bei Events, Konzerten oder größeren Versammlungen findet die digitale Übertragung in der Regel unidirektional statt – z.B. in Form eines Livestreams, über den die Zuschauer das Geschehen vor Ort digital verfolgen können.
Insbesondere in der Lehre, aber auch bei kleineren Veranstaltungen wie Vereinssitzungen oder Konferenzen, spielt zunehmend auch die unmittelbare Partizipation der digital zugeschalteten Teilnehmer eine Rolle. Also nicht nur eine Feedback-Funktion über einen Chat, sondern die direkte Teilnahme – nicht nur ‚dabei‘, sondern möglichst ‚digital mittendrin‘.
Doch während wir uns bei rein digitalen Events über Videokonferenzsysteme wie Zoom oder Teams längst daran gewöhnt haben, wie alles funktioniert, und wie man über Chat & Abstimmfunktionen zur Veranstaltung beiträgt, gestaltet sich das im hybriden Modus etwas schwieriger. Zum einen, weil wir Menschen gerne mit denen interagieren, die direkt im Blickfeld sind, und so unterbewusst diejenigen vor Ort priorisieren – aber auch, weil ein paar technischen Hürden zu meistern sind.
In diesem Blog-Artikel will ich genau darauf eingehen, und ein paar ganz einfache, simpel zu realisierende, technische Tipps vorstellen, wie hybride Veranstaltungen gelingen können.
Die technische Basis ist in allen Fällen ein Rechner mit der Vidokonferenzsoftware des Vertrauens. Da ich davon überzeugt bin, dass für eine funktionierende multidirektionale Kommunikation die digital zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch sichbar sein sollten, sind Plattformen wie Zoom, Webex oder Teams vorteilhaft, weil hier ohne Performance-Einbußen viele Videosignale angezeigt werden. Aber grundsätzlich sind fast alle Tools geeignet – je nach Anforderungen. Reine Livestreams empfehle ich nur, wenn es wirklich darum geht, hochqualitative Audio- oder Videoinhalte zu übertragen – bei vorwiegend Sprachübertragung überwiegen für mich die Vorteile der geringen Latenz einer Videokonferenz gegenüber den qualitativen Vorteilen eines Livestreams.
Die Frage ist jetzt: wie können alle Beteiligten sich gegenseitig hören, sehen und miteinander sprechen? Im Raum ist das einfach: Referenten wie Teilnehmer hören und sehen sich einfach, weil sie im selben Raum sind. Über die Webcam und Mikrofone im Rechner können außerdem auch die extern Zugeschalteten verfolgen, was am Rednerpult vor sich geht.
Was im Raum passiert, sehen sie jedoch nicht – und auch die Zuhörer im Raum sehen nicht die Bildchen in der Videokonferenz.
Letzeres ist relativ einfach zu beheben: Ein Projektor oder ein großer Monitor kann über HDMI an den Rechner angeschlossen werden – wird nun der Bildschirm gespiegelt, sehen die Menschen vor Ort genau das selbe wie die Dozentin – und somit alle digitalen Teilnehmer, die ihre Kamera eingeschaltet haben. Schließt der Dozent eine externe Webcam, z.B. per USB, an den Rechner an, kann diese bei Wortmeldungen im Raum geschwenkt werden, um den Externen einen Eindruck davon zu ermöglichen, was im Raum passiert.
Interessanter wird es im Falle des Tons: Denn hier ist je nach Raumgröße schnell eine kleine Beschallung nötig, und über Mikrofone muss das Geschehen im Raum eingefangen werden. In größeren Konferenzräumen ist möglicherweise solche eine Beschallungsanlage verbaut – in kleineren Setups empfehle ich den Einsatz von Konferenz-Lautsprechern mit eingebauten Mikrofonen. Diese gibt es z.B. von Logitech* oder Jabra*, sie werden per USB oder Bluetooth mit dem Rechner verbunden, und je nach System können auch mehrere der Geräte gekoppelt werden, so dass auch in mittelgroßen Räumen eine flächendeckende Beschallung möglich ist. Praktisch an diesen Systemen: sie sind so konstruiert, dass keine Rückkopplungen entstehen können.
Zum Thema Rückkopplungen: es ist essentiell wichtig, dass innerhalb des Raums keine weiteren Geräte in der Videokonferenz mit aktiviertem Ton eingeloggt sind. Bild ist kein Problem (und teilweise sogar praktisch, dazu später mehr), aber die Lautsprecher und Mikrofone müssen deaktiviert sein. Allenfalls die Verwendung von Kopfhörern ist möglich – sonst pfeift’s.
Zwischenfazit:
ein Rechner mit angeschlossenem Konferenzlautsprecher ermöglicht, dass alle Mensch im Raum mit den zugeschalteten Personen kommunizieren können. Und das gespiegelte Bild auf dem Beamer nebst einer (optimalerweise beweglichen) Webcam lässt die nötigen visuellen Verbindungen zu.
Weitere Tipps:
Häufig wünscht man sich, weitere Videosignale aus dem Raum zu haben, insbesondere wenn man nur eine im Laptop eingebaute Webcam zur Verfügung hat.
Eine sehr einfache Lösung ist es, das eigene Smartphone in die Videokonferenz einzubinden – ganz einfach als weiteren Teilnehmer, bzw. optimalerweise mit Moderatoren-Status. Mit einer kleinen Klemme auf einem Fotostativ ist so eine zusätzliche Videokamera im Raum verfügbar, die flexibel einsetzbar ist, und z.B. Wortmeldungen im Raum zeigen, ein Flipchart oder eine Tafel filmen, oder auch Anschauungsobjekte, Arbeitsblätter oder technische Aufbauten zeigen kann.
Ebenso praktisch kann die Verwendung eines Tabletts sein, das in der selben Weise eingebunden wird, und über den Touchscreen z.B. digitale Whiteboard- oder Kommentarfunktionen in einem Arbeitsblatt ermöglicht – einfach ein Foto machen, den Bildschirm teilen, und sowohl die externen Teilnehmer als auch die im Raum (via Beamer) sehen, was auf dem Display passiert.
In jedem Fall auch hier darauf achten, dass die Audiofunktionen der zusätzlichen Geräte deaktiviert sind!
Zum Schluss noch ein mediendidaktischer Trick, den ich kürzlich gelernt habe:
Es empfiehlt sich, auch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Raum die selben Werkzeuge für Wortmeldungen und Interaktionen zu verwenden wie für die digital Zugeschalteten. So vermeidet man eine (unbewusste?) Priorisierung derjenigen, die vor Ort sind.
Dazu eignen sich Tools wie z.B. Slido – eine im Basisumfang kostenlose Plattform, über die ganz einfach Umfragen, Abstimmungen oder auch Kommentare möglich sind. Man scannt einfach mit dem Smartphone einen QR-Code, und kann dann Fragen stellen, voten, kommentieren und vieles mehr. Praktischer Nebeneffekt: die Ablenkung auf dem Smartphone führt nicht in die Untiefen der sozialen Netzwerke, sondern zurück zum Unterricht bzw. zu den Inhalten des Events vor Ort.
Welche Tools schlussendlich verwendet werden, ist abhängig vom Event und den Inhalten – aber spätestens wenn der Bildschirm mit der Auswertungsseite des Tools geteilt wird, zücken erfahrungsgemäß alle ihre Telefone, scannen den QR-Code und spielen mit.
Ich hoffe, der nächsten hybriden Veranstaltung steht jetzt nichts mehr im Wege. Und falls noch Technik fehlt, freue ich mich wie immer, wenn ihr über meine Affiliate-Links bestellt, um diesen Blog zu unterstützen. Z.b. hier auf kit.co*, wo ihr die praktische Auflistung von sinnvollen Tools für hybride Events findet.